Kategorien
Kurzrezensionen

Emanzipatorischer Arbeitszwang

Thomas Morus, Utopia, Anaconda Verlag 2009.

Thomas Morus, Utopia, Anaconda Verlag 2009.

Ein Jahr vor Luthers 95 Thesen erschien dieser Kurzroman; 1524 dann auch in Deutschland. Ob die Schrift Bauernkriegern bekannt war? Wenn ja, dann wird die dargelegte Utopie einer von Grundherrschaft befreiten Gesellschaft befeuernd gewirkt haben; der platonische Autoritarismus der als kollektive Arbeitsanstalt gezeichneten Utopie wird dabei nicht gestört haben, denn in einer Zeit immer möglicher Hungerkatastrophen erschien das als emanzipatorisch. Heute ist das anders; jedenfalls ist Kollektivismus in der nichttraditionellen Linken out, die Entfaltung des Individuums erscheint als Bedingung einer Gesellschaft jenseits kapitalistischer Verfasstheit. Den ersten Teil des Romans muss man nicht lesen; die dort ausgebreitete Kritik des Bestehenden ist in sehr sperriger Sprache geschrieben.

 

So stellten sich Frühsozialisten in der frühen Neuzeit gern eine befreite Gesellschaft vor – von der Krise der Arbeitsgesellschaft wusste man noch nichts.