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Kurzrezensionen

Krimi im „Elend an sich“

Michael Jensen, Totenland, Aufbau Verlag 2019.

Michael Jensen, Totenland, Aufbau Verlag 2019.

Kann man die Lektüre eines Krimis angesichts dessen, dass die geläufige Krimiliteratur bewusstlos „dahin lebende“ (Kierkegaard) Warensubjekte in ihrem eindimensionalen Denken stärkt, überhaupt genießen? Ja, man kann, wenn die Geschichte in einer Zeit und an einem Ort spielt, in welcher die Absurdität des Lebens schon an der Oberfläche deutlich wird. Das war im April/Mai 1945 in Deutschland gegeben. In dieser Zeit des „Elends an sich“, in welcher das Grauen und der Tod den Alltag stets begleitete, investiert der Polizist Jens Druwe in Schleswig-Holstein seine Arbeitskraft, um einen Mord an einen hohen Funktionär der NSDAP aufzuklären. Druwe gibt den Vertuschungsabsichten seiner Vorgesetzten nicht nach. Es gelingt dem Autor dezent, beim Leser antifaschistisches Pathos zu entfalten.

Im Roman spielt das Flensburger Polizeipräsidium eine Rolle – hier der Hof des Präsidiums am 23. Mai 1945. „In Gegenwart der Weltpresse erfolgte die gerichtliche Vorführung von Karl Dönitz (Mitte, in Admiralsuniform), hinter ihm Alfred Jodl und Albert Speer“ (Wikipedia, 16.04.2022).