Kategorien
Kurzrezensionen

Ohne Welt irre leben

Elias Canetti, Die Blendung, Fischer 4-2019.

Elias Canetti, Die Blendung, Fischer 4-2019.

Es geht um den einsam reflektierenden Geist, der kein Verhältnis zur Welt hat. Ist einem solchen Geist seine Weltlosigkeit bewusst, kann er überleben. Sonst ergeht es ihm wie Dr. Kien, Protagonist dieses 1935 hrsg. Romans (Nobelpreis). Kiens Wohnung ist eine große Privatbibliothek. Nachdem er seine Haushälterin geheiratet hat und er Kontakt zur Welt bekommt, kollidiert Kiens neues Sein mit seinem früher weltlosen Leben – er wird irre. Gemeinsam ist allen Romanfiguren die Kleinbürgerlichkeit, die Canetti in steter Übertreibung breit darlegt. Mag man das, liest man mit Lust. Benötigt man als Leser dagegen ein gewisses Handlungstempo, um Atmosphäre zu erfahren, braucht man Überwindung zum Weiterlesen. Ein Wechsel nach 366 der 576 Seiten zum zehnstündigen Hörspiel kann dann die Folge sein …

Frau Kien?